Versuch der Verortung in einer chaotischen Welt. Ausschnitt aus der Eröffnungsrede Michaela Kirchner, 29.07.2023
Versuch der Verortung in einer chaotischen Welt
Ausschnitt aus der Eröffnungsrede Michaela Kirchner, Sa. 29.07.2023
……Aber am Allerbesten funktionierte es immer, die Künstler persönlich zu kennen.
Das ist der privilegierteste Zugang, die Künstler:in ein wenig kennen und sich dadurch in die Idee und den Schaffensprozess hineinversetzen können.
Dann regt Sie das Gesehene entweder an, oder es lässt es Sie kalt,
aber Sie haben sofort einen eigenen Zugang.
Und zwar einen Zugang, der von Menschen, Eigenschaften, Identifikationen, kurz von Beziehungen geprägt wird.
Dann können sie etwas spüren von den Umsetzungsimpulsen und der Art, wie sie umgesetzt und eingesetzt wurden.
Sybille Fenzel und ihr Vlies
Besonders einprägsame Materialqualitäten sind etwas, was Sybille Fenzels Objekte und Skulpturen prägt: das Vlies, mit dem sie meistens arbeitet, besteht aus reiner gefilzter Wolle und „macht ganz schön was mit „
Ja, ihre Raumskulpturen sind ganz schöne Kaliber.
Und, das Material muss einfach auch was aushalten können, wenn sich Sybille Fenzel hier energisch und energetisch ausagiert.
Zum Ouevre von Sybille ist Anfang des Jahres ein Katalog erschienen, den Sie hier sicher auch finden werden. Dort wird der schöpferische Impuls als „Flow“ bezeichnet, was bedeutet, dass sie sich von dem leiten läßt, was ihr Innerstes gerade bewegt.
Was manchmal auch bedeuteten kann, dass es gilt, sich auch
dunkle Wolken und Gewitterfronten und den damit verbundenen
starke Emotionen zu stellen. … daher die zum Teil markanten Titel.
Durchaus eigensinnig und kompromisslos.
Ausdrücken, was gerade da ist.
Was sich zeigt. Was „rauswill“ oder um be-arbeitet oder ge-arbeitet werden soll. Und dann: Ich schau es mir mal von aussen an. ….
In der Energie, die aufsteigt, wenn wir im „Flow“ sind,
kommen wir an die tiefsten Schrecken heran,
wir können Gefühle in Szene setzen und verarbeiten,
die uns im Augenblick des Schocks vielleicht überwältigt haben
Oder aber: noch besser:
wir stellen bei näherer Betrachtung fest, dass es sich um Gefühlswelten handelt,
die gar nicht zu uns selbst gehören
Wenn sich solche Dynamiken zeigen,
haben wir viel gewonnen: wir können Einiges loswerden an Ballast und
zurückgeben, was gar nicht zu uns gehört.
Sybille Fenzels Objekte sind Bilder voller emotionaler Kraft,
die sie aus ihrem Inneren geholt und in etwas Plastisches im Äußeren verwandelt hat. Immer mit dem Ergebnis, etwas Neues entstehen zu lassen…..
***
Was ich ihnen mit dieser Einführung zeigen wollte, war, dass Kreativität ist immer eng mit der Lebensgeschichte der schöpferischen Seele verbunden ist.
Vieles, das sich nicht in Worte fassen läßt, kann sehr wohl in in Gestaltung ausgedrückt werden.
Das macht Künstlerbiografien oft zu hochspannende Lebensgeschichten.
Wenn es gelingt, die persönliche Seelengeschichte zum Narrativ zu machen, ist auch Identitätsbildung gelungen!
Alle Ausstellenden haben auf diesem Weg auch zu sich selbst gefunden: das uralte „Werde, der du bist“, das Beste, was uns im Menschenleben und im Künstlerleben je passieren kann.
Auszug aus der Rede von Frau Suttner zur Eröffnung der Ausstellung auf der Giechburg 2017
Rebecca Suttner, 2017
„… Die in Heroldsberg ansässige Sybille Fenzel fühlt sich in einer breiten Palette gestalterischer Möglichkeiten zuhause. In Installationen, Objekten, Malereien und auch poetischen Texten von radikaler Offenheit sucht sie nach dem passenden Ausdruck auf das Ergebnis einer inneren Befragung.
Um die Membran zwischen innerem Erleben und nach außen dringendem Gestaltungswillen möglichst dünn zu halten, arbeitet sie schon mal direkt und ohne Pinsel; da werden Wachs, Pigmente und Farben in dicken, teils pudrigen Schichten übereinandergelegt – sie selbst spricht gerne von einer Hexenküche. Am Ende bleibt ein Staunen über das Ergebnis, dem eine unerzählte, universelle Geschichte innezuwohnen scheint. Beim Objekt „Unstillbar“ kauert ein geschlechtsloser Homunculus auf der Oberfläche eines unwirtlichen Ortes. Die Wabenpappe erinnert in ihrer Schichtung an die aufgerissene Erdkruste. Auch im übertragenen Sinne lassen Sybille Fenzels Kunstwerke das unter der Oberfläche Liegende sichtbar werden.“
Malerische Plädoyers gegen Not, Krieg und Elend. Claudia Schuller. Fürther Nachrichten, 23.08.2017
Fürther Nachrichten, 23.08.2017, Claudia Schuller
Malerische Plädoyers gegen Not, Krieg und Elend
Dunkle Wolken im sommerlichen Stadtpark: Der Blaue Reformkiosk zeigt aufwühlende Arbeiten von Sybille Fenzel
….befasst sich in ihren Gedichten und Kunstwerken mit Themen, wie Stille, Frieden, Krieg und Gewalt. Ihre haptisch reizvollen Materialmix-Arbeiten entziehen sich einer rationellen Analyse. Lieber bewahren sie ihr Geheimnis und scheinen zwischen Auflösung, Wiedergeburt und Neuerschaffung zu oszillieren.
….bei Fenzel rief das spontan Assoziationen von dunklen Wolken hervor. Und die brachte sie dann in Schwarz-Grau auf die Leinwand. Ihr Gemälde „Welt in Aufruhr“, das aus vielen Pigmentschichten besteht und in einem jahrelangen Prozess richtiggehend gewachsen ist, zeigt eine konfuse Welt und fordert zugleich auf, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen.
….Die Skulptur in der Mitte besteht aus Holzasche, die sie aus ihrem Kamin entnommen hat, und aus Ruß, der leicht glänzt. Der Satz, den die Künstlerin daneben gestellt hat, lautet „Am Schluss sind alle gleich“ – als Erinnerung daran, dass der Tod keine gesellschaftlichen Unterschiede kennt und der Mensch nichts mitnehmen kann.
….So fungieren Fenzels einzelne Teile als Türsteher, als Übergang zwischen Innen – und Außenwelt. Die Verbindung bildet die politische Friedensbotschaft.
…. Wem Fenzels Pavillon düster erscheint, der sollte sich einmal mit dem Flüchtling aus dem Irak unterhalten, der ihn besucht und ganz bewegt ist. Der Mann hat sein Land, seine Stadt, seine Kriegserlebnisse sofort in den Werken gespiegelt gefunden. Die dunklen Wolken entsprechen seinem Lebensweg. Eine einfühlsame, vielschichtige Schau.
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Malerische Plädoyers gegen Not, Krieg und Elend
Dunkle Wolken im sommerlichen Stadtpark: Der Blaue Reformkiosk zeigt aufwühlende Arbeiten von Sybille Fenzel
Ein blauer Würfel steht seit März im Stadtpark neben der Auferstehungskirche. Es ist das Kunstprojekt „Blauer Reformkiosk“, initiiert von der Fürtherin Petra Annemarie Schleifenheimer. Aktuell hat die Künstlerinnengurppe „StilleSToerung“ mit ihrer Aktion „Aus den Wolken Brot backen“ den Container erobert. Als erste der vier Damen präsentiert Sybille Fenzel aus Heroldsberg Bilder, Objekte und Texte.
Sowohl die Container-Box als auch die Arbeiten von Sybille Fenzel ecken an. Das wollen und sollen sie auch, ganz im Sinne Martin Luthers und des Reformations-Jubiläumsjahres, aus dessen Anlass der bis Jahresende bespielte Kiosk entstand. Um gefällige dekorative Kunst geht es hier nämlich nicht. Fenzel, die aus Augsburg stammt und an der Steiner Faber-Castell- Akademie Bildende Kunst studierte, befasst sich in ihren Gedichten und Kunstwerken mit Themen, wie Stille, Frieden, Krieg und Gewalt. Ihre haptisch reizvollen Materialmix-Arbeiten entziehen sich einer rationellen Analyse. Lieber bewahren sie ihr Geheimnis und scheinen zwischen Auflösung, Wiedergeburt und Neuerschaffung zu oszillieren. Um Wandel und Umbruch geht es, denn die Künstlergruppe „StilleStoerung“ hat sich ein Luther-Zitat zur Grundlage ihrer Arbeiten gemacht. „Aus einem leeren Beutel Geld zählen, aus den Wolken Brot backen, das ist unseres Herrgotts Kunst allein“.
Bei Fenzel rief das spontan Assoziationen von dunklen Wolken hervor. Und die brachte sie dann in Schwarz-Grau auf die Leinwand. Ihr Gemälde „Welt in Aufruhr“, das aus vielen Pigmentschichten besteht und in einem jahrelangen Prozess richtiggehend gewachsen ist, zeigt eine konfuse Welt und fordert zugleich auf, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. „Mir geht es darum, auch an die Menschen zu denken, die in Not und Krieg leben und sie nicht darüber zu vergessen, dass es uns hier ganz gut geht“, betont Fenzel. „Darum will ich mit den Besuchern ins Gespräch kommen“.
Die Skulptur in der Mitte besteht aus Holzasche, die sie aus ihrem Kamin entnommen hat, und aus Ruß, der leicht glänzt. Der Satz, den die Künstlerin daneben gestellt hat, lautet „Am Schluss sind alle gleich“ – als Erinnerung daran, dass der Tod keine gesellschaftlichen Unterschiede kennt und der Mensch nichts mitnehmen kann. So fungieren Fenzel einzelne Teile als Türsteher, als Übergang zwischen Innen – und Außenwelt. Die Verbindung bildet die politische Friedensbotschaft.
Dazu passend wurde am Sonntag im Stadtpark des Hiroshima-Jahrestages gedacht und eine Welt ohne Atomwaffen gefordert. Auch das Künstlerpaar Kato, das die Gedenkfeier alljährlich organisiert, schaute im Reformkiosk vorbei. Wem Fenzels Pavillon düster erscheint, der sollte sich einmal mit dem Flüchtling aus dem Irak unterhalten, der ihn besucht und ganz bewegt ist. Der Mann hat s sein Land, seine Stadt, seine Kriegserlebnisse sofort in den Werken gespiegelt gefunden. Die dunklen Wolken entsprechen seinem Lebensweg. Eine einfühlsame, vielschichtige Schau.